Karnak-Tempel

last update: 21.11.2013
 

"Palast der Maat" - Nord-Kammern der Hatschepsut

 


Der obige Plan zeigt zur Orientierung die Anordnung der Kammern der Hatschepsut rund um die Rote Kapelle. Die Räume sind entsprechend zu Porter&Moss II., Theban Temples, mit den lateinischen Raumnummern durchnummeriert, die Räume 1-5 auf der Nordseite sind bei Porter&Moss nicht nummeriert. Die in Gelb eingefärbte Mauer ist die Begrenzungsmauer des Mittleren Reichshofes.
Der Grundriss ist ein modifizierter Ausschnitt aus Burgos, Larché, La Chapelle Rouge, 2008, Plan S. 337, Ausbauphase C unter Hatschepsut.


Vorraum (Porter&Moss Raum XI)
Heute erreicht man die nördlichen Kammern, indem man um das Barkensanktuar des Philip Arrhidaeus herumgeht. Die meisten Besucher der Tempelanlage von Karnak haben diesen Räume - zumindest teilweise - vermutlich besichtigt.


Die südliche Außenwand der Kammern imponiert sofort mit der Weiheliste Thutmosis III. (oben der Anfang mit der Stiftung zweier Obelisken). Rechts neben den Kartuschen des Königs (roter Pfeil) findet sich einer von drei zeitgenössischen Belegen für die Bezeichnung „Palast der Maat“, d.h. Thutmosis III. weiht seine Gaben für Amun im „Palast der Maat“.

Den Zugang bildet ein Tor aus dunklen Granit, das ursprünglich für das Osttor der Roten Kapelle vorgesehen war - es wurde hier wiederverwendet und im Namen Thutmosis III. dekoriert.


Eingang zu den nördlichen Kammern. Das Granittor war ursprünglich das Osttor der Roten Kapelle und wurde hier, dekoriert im Namen Thutmosis III., wiederverwendet. Auf dem Architrav sind Titel und Namen von Thutmosis III. zu sehen, auf beiden Seiten wird der König von Amun umarmt.


Den unteren Abschluss der Dekoration bildet auf beiden Seiten der Türlaibung der Torname: "sbA Mn-xpr-Ra Imn wr bA.w = Tor des Men-Kheper-Ra [namens] Amun, groß an Ba-Kräften" (siehe obiges Photo). Laut Grotthoff (Grotthof, Th., Die Tornamen ägyptischer Tempel. Aegyptiaca Monasteriensia 1, Aachen 1996; S.94) ist der Torname originär von Thutmosis III.

Das Granittor führt in den Vorraum (Porter&Moss, R XI) von dem man aus Zugang zu den Räumen XII und XIII und den kleineren Kammern 1 - 5 auf der Westseite hat.

 
Die beiden Abbildungen oben zeigen die stark beschädigte Innenseite des Tores. Die Dekoration der linken Türlaibung wird fast vollständig von der Westwand der Räume XII und XIII verdeckt.

 
Ein Blick (links) auf die Bauweise zeigt, dass die Annalenwand, das Granittor, und die Weiheliste vor die ursprüngliche Südwand der Kammern vorgebaut worden sind.   Dies bestätigt auch ein Blick in Kammer 5, in der sich zur Annalenwand hin ein „Fenster“ öffnet, dessen Rahmen noch Reste einer Farbleiter zeigt.

An den Wänden des Vorraumes XI ist wenig von der ursprünglichen Dekoration erhalten geblieben. Neben dem Eingang zu R XIII findet sich eine Darstellung von Thutmosis III. vor einem Tisch mit Opfergaben (folgende Abbildung). An der nördlichen Innenwand sind ebenfalls Reste von Opferständern erhalten.


Ostwand von Raum XI, zwischen Raum XIII (links) und XII (rechts): Thutmosis III. (links mit Stab) steht vor einem Tisch mit Opfergaben


Räume 1-5
Die nördlichen Kammern sind stark zerstört. Von den westlichen Räumen 1 - 5 sind die Mauern meist nur bis zu einer Höhe von ca. 1 m erhalten, die Dekoration dieser Wände ist fast vollständig verloren.


Blick vom Eingang in die nördlichen Kammern der Hatschepsut, links die Überreste der Kammern 1 - 5, rechts die beiden Räume XXI und XIII.


Blick in den nördlichen Kammern Richtung Osten (im Hintergrund das Akh-menu), vorne die Überreste der Kammern 1 - 5, gegenüber die beiden Räume XII und XIII. Der rote Pfeil zeigt auf das oben vorgestellte Tor Thutmosis III., der grüne auf Raum XII, der blaue auf Raum XIII, Der gelbe Pfeil zeigt auf einen Rest des Originalfußbodens in (Vor-)Raum XI, der die gleiche Dekoration zeigt, wie die Böden in den Räumen 1-4 (siehe folgende Fotos), der schwarze Pfeil zeigt auf die Rückwand des "Annalentextes".


Von den Steinen der Böden sind jedoch genug erhalten geblieben, um die Bodendekoration der Räume 1 - 4 und des davor liegenden Raumes zu rekonstruieren (siehe Burgos und Larché, 2006). Offensichtlich liegen keine Erkenntnisse über eine Bodendekoration der Kammer 5 und in den Räumen XII und XIII vor.


Auffällig ist die Dekoration aller Türschwellen zu den Kammern 1 - 4 mit dem oben gezeigten Muster. Der Block findet sich in situ im Eingang zur Kammer  3.


Die Böden der Kammern 1 - 4 und der des Vorraumes sind mit einem Muster versehen, das jeweils links ein wAs-, in der Mitte ein Dd-, und rechts ein anx-Zeichen gemeinsam über einem nb-Zeichen vereint - zusammen zu lesen als: "Alles Glück, alle Dauerhaftigkeit, alles Leben". Bei dem Block oben sind die nb-Zeichen weggebrochen. Diese Muster wiederholen sich und bedecken den ganzen Boden. Nach Burgos und Larché (2006) sind Musterkombinationen in den Kammern jeweils mit dem nb-Zeichen nach Osten, in der Vorkammer jeweils nach Westen ausgerichtet.


Die Wände der Kammern sind stark zerstört. Da sie nur ab etwa 1 m über dem Boden dekoriert worden waren, ist von der Dekoration fast nichts erhalten. An der rechten äußeren Türlaibung zu Kammer 1 in der Nordwestecke ist eine Kartusche Thutmosis II. erhalten - vermutlich umgewidmet von Hatschepsut.
Dennoch lohnt sich ein Blick in die beiden Kammern 2 und 3, wo noch Reste der Wanddekoration erhalten geblieben sind. Das folgende Foto von der Rückwand von Kammer 4 zeigt die ausgehackte Figur eines ithyphallischen Amun (links) vor einem üppigen Gabentisch (rechts). Die Seitenwand zu Kammer 3 zeigt auf beiden Seiten noch erkennbare Reste von Gott, König und Weihegaben.




Porter&Moss Raum XII and XIII
Die beiden östlichen Räume (Porter&Moss Raum XII and XIII) erwecken den Eindruck, als seien sie, so wie sie jetzt zu besichtigen sind, bis in moderne Zeiten "erhalten geblieben". Die heute die beiden Räume in der Mitte trennende Wand gehört jedoch dort nicht hin, sondern bildete ursprünglich die südliche Außenseite des rechten Raumes.
Als Mariette im 19. Jahrhundert den ersten Versuch unternahm, dass Zentrum des Tempels "aufzuräumen", entdeckte er, dass direkt hinter der Wand der Annalen-Halle von Thutmosis III. eine originäre Wand der Hatschepsut stand, bedeckt mit farbigen Reliefs - Thutmosis III. hatte einfach eine neue Wand aus Sandstein davor gesetzt und seine Annalen auf diese schreiben lassen (siehe auch: Barguet, Le Temple d'Amon-Re à Karnak, 1962, S. 148-153). Die Reliefs der Hatschepsut zeigen bereits deutliche Versuche, ihr Andenken auszulöschen - durch grobe Meißelschläge wurde das leicht erhabene Relief, z. B. die Darstellung der Hatschepsut, beseitigt - und die Inschriften umzuwidmen, erkennbar an der feineren und flacheren Meißelschlägen, mit denen versucht wurde, den Bereich ihrer Kartuschen erneut zu glätten.
Nach Dorman (1988) können die Annalen des Thutmosis III. nicht wesentlich vor dessen Regierungsjahr 42 gebaut und dekoriert worden sein - demnach könnte man aus der Tatsache, dass die Wand noch nicht vollständig umgearbeitet ist, auf ein spätes Einsetzen der Verfolgung des Andenkens der Hatschepsut schließen.

Als die französischen Ägyptologen die Bedeutung der Wand erkannten, beschlossen sie, die Blöcke dieser Wand durchzusägen. Die Seitenteile mit den - bisher von den Annalen - verdeckten Reliefs wurden anstelle der fehlenden Trennwand der beiden östlichen Kammern 6 und 7 neu errichtet. Die Rückseite wurde am alten Platz mit den Originalteilen wieder aufgebaut, ebenso wie die Annalen-Wand des Thutmosis III.


Oben die Rückseite der nördlichen Kammern der Hatschepsut (rechts Kammer 7) und des Barkensanktuars des Philippos Arrhidaios. Zwischen Barkenschrein und Kammer 7 von links nach rechts sind zu sehen: der Durchgang zu den nördlichen Kammern, die Wand der Annalen-Halle von Thutmosis III., die Lücke, die durch die Entnahme der Wand der Hatschepsut entstanden ist, und die restlichen Steine der Südwand von Kammer 7 (Foto: E. Noppes).

Porter&Moss Raum XII
Die Ostwand des Raumes zeigt keinerlei ursprüngliche Reste der Dekoration mehr.

Die Nordwand des Raumes zeigt noch gut erhaltene farbige Reliefs und ist im Karnak-Tempel Ziel zahlreicher Führungen. Jedes der beiden Register zeigt drei Szenen.
Im oberen Register (Porter&Moss, Register I) wird Hatschepsut in der rechten (östlichen) Szene von Atum und Month vor Amun geführt (siehe folgendes Foto).


In der mittleren Szene weiht Hatschepsut, gefolgt von ihrem Ka, Opfergabe vor Amun (siehe folgende Abbildung). In der dritten, linken (westlichen) Szene steht sie mit Opfergaben vor ithyphallischen Amun.


Oberhalb des Registers erkennt man noch die zerstörten Kryptogramme der Hatschepsut (die den Wandabschluss zur Decke hin bildeten).
Die drei Szenen im unteren Register (Porter&Moss, Register I) wurden für das folgende Foto aus Einzelbildern zu einer Gesamtaufnahme zusammengesetzt.

Oben das untere von 2 Registern der ursprünglich von Teilen der Annalen-Wände des Thutmosis III. überdeckten Wand der Hatschepsut.
links - kaum noch erkennbar(2) - opfert sie vor Amun (1), hinter ihr steht als kleine Figur ihr Ka (3);
rechts davon läuft Hatschepsut (5) mit je einem Hst-Krug in beiden Händen zur "Wasserspende" vor dem  ithyphallischen Amun (4) zu (die gleiche Szene ist auf einem Block der Roten Kapelle dargestellt - siehe nächstes Bild);
in beiden Szenen sind ihre Figur ausgehackt und ihre Kartuschen teilweise zerstört;
bei (6) ist der Ansatz einer Seitenwand zu erkennen
ganz rechts (7) wird Hatschepsut von Thot (rechts) und dem Horus von Edfu (links) gereinigt (mit Ankh-Zeichen übergossen).

Ein Doppelklick auf das Bild führt zu einer hochauflösenden Version, auf der die Einzelheiten betrachtet werden können (ein Doppelklick auf das hochauflösende Foto führt zu dieser Seite zurück).


Alle Darstellungen der Königin sowie meistens auch ihre Kartuschen auf dieser Wand sind absichtlich zerstört. Unbeschädigt sind dagegen alle Darstellung der Götter, d.h. diese waren nach der Errichtung der Annalenwand von Thutmosis III. nicht mehr für die Ikonoklasten der Amarnazeit zugänglich und blieben daher unangetastet.

Ganz am rechten Rand zeigen die obigen Fotos der Wand Reste einer Seitenwand (einer Querwand oder einer Mauerzunge). Vermutlich hat  Thutmosis III. diese beim Einbau seines neuen Barkenschreines abbauen lassen. Die Mauerreste wurden eine Zeitlang als Reste einer Querwand interpretiert. Die Annahme war auch der Grund dafür, dass man dann davon ausging, dass die Rote Kapelle vor den Kammern errichtet worden sei - mit den Querwänden wäre für einen Barkenschrein im Zentrum den Kammern kein Platz gewesen.
Inzwischen werden die Reste als Teil einer Mauerzunge interpretiert und die Rote Kapelle wird jetzt vollständig im Zentrum der Kammer (Magazine) der Hatschepsut platziert (siehe unten Ausschnitt aus einem Plan von Burgos, Larché, 2008, Seite 254).




Die heutige Südwand in R XII steht an ihrem ursprünglichen Platz. Ihre Szenen zeigen ebenfalls in zwei Registern Darstellungen der Königin. Auch hier wurden die Darstellungen der Hatschepsut zerstört, aber anschließend die Stellen neu dekoriert. Diese Wand war in der Amarnazeit zugänglich, daher sind hier alle Götterdarstellungen zerstört (und danach wieder restauriert) worden.
Das obere Register (Porter&Moss, Register I) zeigt in 2 Szenen die Königin (Kartuschen geändert auf Thutmosis II. und III.) vor Amun (rechts) und seiner ithyphallischen Erscheinungsform (Mitte), sowie in der dritten (linken) Szene (Kartusche geändert auf Thutmosis II.) mit einer Gabenliste und Gaben vor Amun.



Dass auch diese Wand einst von Hatschepsut errichtet und dekoriert worden war, belegt das Fries mit ihrem Kryptogramm über der Opferliste aus dem oberen Register.


Porter&Moss Raum XIII
Der Raum XIII ist weitgehend zerstört und meistens nicht zugänglich. Vom Eingangsportal steht noch ein Teil der rechten Türlaibung, Stücke der Architravs, liegen verteilt im Raum - beide Reste wurden im Namen Thutmosis II. dekoriert . Die Innenwände von Raum XIII waren etwas ab Brusthöhe aufwärts dekoriert, so dass von der rechten Innenwand, bis auf einen Block, nur noch die unteren, undekorierten Steine übrig geblieben sind. Von der Dekoration der beiden Schmalseiten sind lediglich auf der Türinnenseite Reste einer Farbleiter erhalten. Die folgende Abbildung zeigt den Eingang zu diesem Raum.


Eingang zu Raum 6. Auf dem Boden liegen zahlreiche Bruchstücke aus dunklem Granit, darunter Teile eines Architravs. In situ findet sich ein Großteil der rechten Türlaibung mit Titeln Thutmosis II. (nach Porter&Moss, loc. cit.).

 

Im Luxor-Museum steht das links abgebildete Türgewand mit der Titulatur der Hatschepsut. Der Block würde gut in den Eingang der Kammer 6 passen.

Nach der Beschriftung im Luxor-Museum stammt es aus einem Weihrauch-Magazin der Hatschepsut in Karnak.



Auf der nördlichen Innenwand des Raumes sind etwa ab Brusthöhe Teile der Dekoration erhalten geblieben.
Porter&Moss II, S. 103, Ziffer 304, beschreibt die gesamte Szenenfolge als:
[Queen with Ka] libating to the Great Ennead“ mit Verweis auf Urk. IV 576 (182) „[…daß Du] [Gottes]häuser [baust], Gottesbilder bildest und die (Opferbrote bestimmst […auf] dem Horusthron, dem ewig Leben gegeben werde.“, und auf Barguet, Temple, 151, der von „Weihegaben an die Götterneunheit von Karnak [von denen immer noch, neun mumiforme Gottheiten im unteren Register sitzen]“ spricht.
Genau genommen handelt es sich bei den von Porter&Moss zitierten Urkunden um: Blumenthal, Mueller, Reineke, Urkunden 18. Dynastie, Übersetzung 5-16, Berlin 1984, S. 144, und anders als bei Barguet behauptet sind nur 8 sitzende Gottheiten zu erkennen.


Das Foto zeigt eine Panoramaabbildung der Szenen der nördlichen Innenwand, zusammengestellt aus mehreren Einzelbildern. Ein Doppelklick auf das Bild führt zu einer hochauflösenden Version, auf der die Einzelheiten betrachtet werden können (ein Doppelklick auf das hochauflösende Foto führt zu dieser Seite zurück).

Auf der linken Seite sind die Beine des Königs zu erkennen, rechts vor ihm zahlreiche Opfergaben. Hinter dem König wäre noch Platz für seinen Ka, aber es ist kaum noch etwas zu erkennen. Mit dem 4. Block von links beginnt die Reihe von 8 sitzenden Gottheiten im Hebsed-Gewand, jeweils getrennt durch eine senkrechte Inschrift. In 5 Spalten ist jeweils eine Kartusche zu erkennen, die sich entweder problemlos ergänzen bzw. lesen lassen und zwar zu den Thronnamen von Thutmosis II. (1x) oder Thutmosis III. (3x) oder als Sa-Ra-Namen „Thutmosis“.

Die Außenseiten der nördlichen Kammern bieten nichts Spektakuläres, mit einer Ausnahme auf der Nordseite. Dort hat sich ein kurzes Teil der ursprünglichen Inschrift von Hatschepsut erhalten, in dem sich die Angabe findet, wann die Räume hat errichten wurden - nämlich im Jahr 17 (rechts, untere Zeile).


Die erhalten gebliebene Inschrift war Teil der Dekoration, die sich über die gesamte Außenseite nach Osten fortsetzte. Erhalten geblieben ist dieser Teil nur, weil Thutmosis III. hier ein Tor errichtete, dessen westlicher Türpfosten die Inschrift überdeckte (siehe unten) - der restliche Teil der Wand wurde neu geglättet, aber nicht mehr neu dekoriert.


Außenwand der Nordkammern mit der Inschrift der Hatschepsut und den Resten des Tores, das hier von Thutmosis vor die Wand (und die Inschrift) gesetzt worden war. Die grob behauenen Blöcke der unteren Steinreihe gehören zum "Podium der Hatschepsut".

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Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)