Karnak-Tempel

last update: 15.03.2013
 

Wadjit-Halle

 

Grundriss von Ip.t-Sw.t ("Auserwählter Ort", heute Karnak; modifizierter Plan nach Larché, 2007) zur Zeit von Hatschepsut und Thutmosis III.;
in Rot die "Rote Kapelle", hier in der aktuell diskutierten Position zwischen den Magazin- und Opferräumen der Hatschepsut;
in Gelb der 6. Pylon, in Grün der 5. Pylon, und die Violett der 4. Pylon;
in Braun vor dem 4. Pylon der "Große Festhof" des Thutmosis II.

Die Baumassnahmen von Thutmosis I., Nachfolger von Amenhotep I., im Amun Tempel von Karnak hatten große Auswirkungen auf die Bauaktivitäten der folgenden Pharaonen.
Thutmosis I. ließ ein monumentales Eingangstor, den 4. Pylon bauen und gleichzeitig weiter nach Osten einen kleineren Pylon, den 5. Pylon. Die Ostseite des 4. Pylons imponierte durch zahlreiche eckige Nischen - die  erst jüngst bei Ausgrabungen entdeckt wurden (siehe unten)-, in denen osiride Statuen des Königs aufgestellt wurden.
Nach den Untersuchungen von Carlotti und Gabolde ließ Thutmosis I. zuerst einen offenen Hof erbauen, indem er die beiden Pylone auf der Nord- und der Südseite jeweils mit einer Mauer verband (Carlotti, J.-F., Gabolde, L., Nouvelles données sur la Quadjyt. Les Cahiers de Karnak 11, 2003; folgende Zeichnung links ). Beide Mauern hatten je einen Durchgang nach Norden bzw. Süden.
Danach wurden große osiride Statuen des Königs vor die Wandabschnitte zwischen den Nischen aufgestellt und der Hof mit einer fast umlaufenden Reihe Sandstein-Säulen ausgestattet (diese Baumassnahmen sind in der folgenden Zeichnung aus Carlotti, Gabolde, 2003 rechts dargestellt). Durch die Errichtung der Säulenreihe wurde ein überdachtes Peristyl geschaffen.
 
 
Entwicklung der wDjit-Halle unter Thutmosis I. (Zeichnungen aus Carlotti, Gabolde, 2003; 1. Ausbaustufe links - Abb. 8A; S. 310; 2. Ausbaustufe rechts - Abb. 10a, S. 314).

Bei "Rettungsarbeiten" am ziemlich zerstörten 4. Pylon wurden 1999 vier von ursprünglich 8 Nischen entdeckt, die noch die Unterteile von 4 sitzenden, osiride Statuen aus Sandstein enthielten (Larché, F., New statues at Karnak. Egyptian Archaeology 16, 2000). In den Inschriften behauptet Hatschepsut, dass sie diese Statuen im Namen ihres Vaters Thutmosis I. errichten ließ. Bruchstücke deuten auf die Existenz eines Reliefs auf der östlichen Seite des Pylon hin - also zum Innenhof und dem Sanktuar ausgerichtet - , in das die Nischen wohl eingebunden waren.


Eine der osiriden Sitzstatuen, die Hatschepsut im Namen ihres Vaters Thutmosis I hat errichten lassen. Auf der rechten Seite der Statue erkennt man auf der Sitzfläche die Kartusche mit ihrem Thronnamen, neben den Beinen eine Kartusche mit ihrem Geburtsnamen.

Die Nischen aus Kalkstein-Blöcken gehörten zu einer bis dahin nicht bekannten Fassade der östlichen Pylonseite und waren zusammen mit der Kernstruktur des Pylons errichtet worden. Zahlreiche Kalksteinfragmente der Türrahmen belegen, dass die Nischen in versenktem Relief dekoriert waren. Ein Türsturz mit einer geflügelten Sonnenscheibe und einer Basislinie samt Fuß darüber zeigt, dass die östliche Fassade des Pylons mit einem großen Relief dekoriert worden war.

Die Halle mit Papyrusbündel-Säulen zwischen den beiden Pylonen wird in der Zeit der Hatschepsut als "wDjt Spst = erhabene Säulenhalle" bezeichnet (Björkman, 1971, S. 61).


Hatschepsut ließ die Wadjit-Halle umbauen:
- sie ließ alle Säulen ihres Vaters abbauen und ersetzte sie durch insgesamt 5 Papyrus-(wAdj-)Säulen aus Holz. Diese wurden äquidistant zur den Pylonen auf der zentralen Achse (d.h. in einer Linie mit ihren Obelisken) aufgestellt (Carlotti, Gabolde, 2003; siehe unten). Bedingt durch den südlichen Nischenanbau des 4. Pylons ist die südliche Hälfte der Halle größer als die nördliche. So wurden in der südlichen Hälfte 3, in der nördlichen 2 der Säulen aufgerichtet. Möglicherweise war die Halle teilweise mit einer Holzdecke überdacht, die Obelisken verhinderten jedoch in jedem Falle eine komplette Überdachung.
- darüber hinaus ließ sie entlang der Mittelachse der Halle zwischen dem 4. und 5. Pylon das zweite ihrer Obeliskenpaare (auf einer eigenen Seite dargestellt), aufstellen.


Plan der Wadjit-Halle nach den Umbauten durch Hatschepsut (Ausschnitt aus Abb. 10, von Carlotti, Gabolde, 2003, S. 314)


Heutige Ansicht der Wadjit-Halle von Süden. Links die Ostseite des 4. Pylons, rechts hinten der noch stehende Obelisk der Hatschepsut.


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Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)