Tempel der Satet auf Elephantine

last update: 04.02.2008

Auf der Nilinsel Elephantine wurde von Hatschepsut ein kleiner Tempel errichtet, in dem vor allem Satet (Satis), aber auch die beiden anderen Götter der Triade der Kataraktregion, Khnum, und Anuket (Anukis), verehrt wurden. Allerdings konnte sie den Tempel nicht fertig stellen, dies erfolgte erst durch Thutmosis III.
Später wurde der Tempel der Satet - ebenso wie der separate Tempel des Khnum - zerstört oder abgerissen. In der 30. Dynastie wurden die Tempel für Satet und Khnum von Nektanebos II. durch Neubauten ersetzt.
Besonders in den ptolemäischen Fundamenten des Satet-Tempels fanden sich zahlreiche Blöcke aus den Vorgängerbauten des Mittleren Reich und der 18. Dynastie (Kaiser, MDAIK 26, 1970). Bis 1971 wurden bereits über 350 Blöcke mit Reliefdekor und architektonischen Besonderheiten aufgefunden und lieferten eine ausreichende Basis für eine Rekonstruktion des Satet-Tempels der 18. Dynastie (Kaiser, MDAIK 27, 1971).Später kamen weitere Blöcke hinzu, darunter Abgüsse von 21 Reliefplatten, die sich im Besitz des Louvre befinden.
Das folgende linke Foto zeigt die Ostseite des restaurierten Tempels, mit dem Eingang auf der rechten (nördlichen) Seite. Die rechte Abbildung zeigt den Grundriss des Kernbaus samt Pfeilerumgang. Die Lage der Granitfelsen des ursprünglichen Kultplatzes sind gestrichelt angedeutet.


Der kleine Tempel aus der 18. Dynastie besteht aus einem Gebäude mit mehreren Räumen und einer umlaufenden Galerie. Die Grundfläche des Tempels inklusive des Pfeilerumganges beträgt 20,10 x 13,72 m, die Grundfläche des Kernbaues 15,90 x 9,52 m. Im Vergleich mit dem Vorgängerbau aus dem Mittleren Reich wurde die Grundfläche des Tempels in der 18. Dynastie verdoppelt (Kaiser, MDAIK 36, 1980). Sicherlich mit ein Grund für die Vergrößerung des Tempels war die Einführung eines Raumes (B) für den Kult des Amun.
Der atypisch nach rechts verschobene Eingang (siehe Grundriss oben) führt in eine breite Halle (Raum A) mit 2 Hathor-Pfeilern (siehe folgendes Foto). Von der Halle führt die rechte (nördliche) Tür in eine Kapelle, die Amun geweiht war (Raum B).
Die linke (südliche) Tür in der Halle führt über einen Gang (Raum C) zum Vorraum D, und von dort ins Sanktuar der Satet (E). Die Untersuchungen der alten Anlage aus den Alten Reich, die unter dem Tempel der 18. Dynastie ausgegraben und teilweise einzusehen sind, haben gezeigt, dass die Anordnung der Räume des 18.Dynastie-Tempels und deren Zugänge die alte Anordnung wieder aufgreifen.

Die Eingangshalle imponiert durch 2 Pfeiler mit sehr schön erhaltenen Hathor-Kapitellen (siehe oben).


Hatschepsut hat zwar das Bauwerk komplett errichtet, sie konnte die Dekoration - in erhabenem Relief - jedoch nicht vollenden. Ursprünglich waren die Räume A, B, und C sowie die Außenwände des Kernbaus von ihr dekoriert worden. Dies Räume zeigten ursprünglich anstelle des Kheker-Fries den für die Bauten der Hatschepsut so charakteristischen Fries aus dem Kryptogramm ihre Thronnamens Maat-ka-Ra. Auch Thutmosis III. wurde gelegentlich neben der Königin dargestellt, sofern erhalten trägt er an diesen Stellen den Thronnamen "Men-kheper-ka-Ra" (siehe folgendes Foto).
Die Räume D, E, und F wurden von Thutmosis III. - in versenktem Relief - vollendet, ebenso Pfeiler und Architrave des Umgangs  (Kaiser, MDAIK 36, 1980). Heute zeigt die Tempeldekoration durchgängig Thutmosis III., hauptsächlich vor den Göttern der Triade von Elephantine.
Die Zweckbestimmung der einzelnen Räume kann möglicherweise anhand der Szenen erschlossen werden.
In den Wandszenen in Raum A kommen Satet (4x) sowie jeweils 1x Amun, Anuket, Khnum und möglicherweise 1x Atum-Ra vor, auf den Pfeilern ist der König 3-mal mit Satet und 2-mal mit Khnum dargestellt. Ein Zuweisung zu einer Gottheit erscheint somit nicht möglich - vermutlich ersetzt dieser Raum den Barkenraum (der sonst fehlen würde).
Raum B zeigt auf den Längswänden Szenen, in denen 2x Satet und 1x Khnum Empfänger der Ritualhandlung sind. Von größerer Bedeutung ist die prominente Darstellung des Amun-Ra auf der Rückwand des Raumes, der somit wohl dem Kult des Amun-Ra gewidmet war.
Raum C wird an den beiden Längsseiten von 2 großen Opferszenen vor Satet beherrscht. Daneben finden sich nur noch Szenen mit Khnum und Anuket, wobei die Darstellung der Anuket zusammen mit dem König an der Rückwand besonders hervorgehoben erscheint. Möglicherweise war dies der Opfertischraum für Satet.
Raum D verbindet die Räume C, E und F, und ist vermutlich keiner speziellen Gottheit gewidmet. In den Szenen tauchen jeweils 2x Satet und Khnum sowie 1x Anuket als Empfänger der Ritualhandlung auf.
Raum E enthält 15 Szenen des Kultbild- und Opferrituals, denen in 10 Fällen Satet die Empfängerin ist - der Raum dürfte wohl die Kultbildkammer der Göttin Satet gewesen sein.
Bemerkenswert ist, dass dieser Raum auch noch im Tempel der 18. Dynastie genau über dem alten Kultplatz liegt!.
Der Raum E imponiert außerdem durch eine architektonische Besonderheit - in ihm mündet ein 2.25 m tiefer Schacht, der genau in der Nordwestecke der Granitfelsen bis in auf den Boden des frühzeitlichen Kultplatzes reicht. Der innen 1 x 0.9 m weite Schacht war begehbar und endete in einer Grube mit hellen, feinen Sand.
Raum F zeigt an den Längswänden Opferszenen vor insgesamt 47 Gottheiten, an den Schmalseiten dagegen jeweils den König vor Satet. Auffällig ist, dass das Relief deutlich höher (ca. 55 cm) angebracht ist, als in den anderen Räumen. Möglicherweise hatte dieser Raum eine Doppelfunktion als Raum für die Ennead und als "Sakristei".

Die folgenden Wandbilder zeigen zuerst Thutmosis III. vor Khnum, dann die Göttin Anuket, und abschließend auf einem der Pfeiler der Eingangshalle Thutmosis III., der von der rechts von ihm stehenden der Göttin Satet, mit dem Antilopengeweih an der Krone von Oberägypten, begrüßt wird.
An den wenigen erhaltenen Reliefs sind noch Reste der Bemalung zu erkennen, wegen des schlechten Erhaltungszustandes wurden einige Fotos nachkontrastiert.


Das folgende Foto stammt von der Südwand aus dem Raum E und zeigt Thutmosis III. beim rituellen "Kehren (= Fußspurverwischen)" vor der Göttin Satet.


Im Durchgang von D nach Raum F finden sich beiderseits auf den Türlaibungen Darstellungen des Senenmut (siehe unten), wie man sie auch aus dem Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari kennt.


Auf der Rückwand des nördlichen Raumes (B), der dem Amun-Ra geweiht war, wird Thutmosis III. von Amun-Ra umarmt.


 

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)