Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 11.02.2010
 

Stationstempel

 

Prozessionswege des Opet-Festes

Prozessionswege
Den Prozessionsweg des Opet-Festes vom Karnak- zum Luxor-Tempel während der Zeit ihrer Herrschaft hat Hatschepsut auf der Südwand der Roten Kapelle im 3. und 5. Register festgehalten.
Auf dem Hinweg verließ die Prozession den Karnak-Tempel wohl durch ein südliches Tor - vermutlich durch den 8. Pylon. Nach der Beschreibung im 3. Register der Südwand ging es dann auf dem Landwege entlang der sechs Stationstempel vorbei am Tempel des Kamutef und am Tempel der Mut (siehe unten) hin zum Luxor-Tempel.
Der Rückweg erfolgte nach den Szenen im 5. Register der Südwand per Schiff. Allerdings geben die erhaltenen Szenen keine Auskunft darüber, durch welches Tor die Prozession wieder den Karnak-Tempel betreten hat. Es ist somit nicht gesichert, dass zu jeder Zeit die Prozession durch den Haupteingang rwtj wrtj (= großes Doppeltor eines Palastes oder Tempels; Hannig, Ägypt.-Deutsch., S. 461) auf der Westseite den Tempel betrat.
Die obige Skizze summiert somit alle möglichen und - zu verschiedenen Zeiten auch tatsächlich benutzten - Routen, so weiß man z. B. aus den Darstellungen des Opet-Festes in der großen Kolonnade des Luxor-Tempels, dass unter Tutankhamun Hin- und Rückweg per Boot auf dem Nil zurückgelegt wurden.
 

Stationstempel
Wie Hatschepsut auf der Südwand der Roten Kapelle berichtet, ließ sie 6 Stationstempel (Barkenstationen) entlang der Prozessionsstrasse vom Karnak- zum Luxor-Tempel errichten. Nachdem die Barke des Amun zu Beginn des Opet-Festes den Tempel Ip.t-Sw.t ("Auserwählter Ort", heute Karnak-Tempel) verlassen hatte, machte sie an jedem dieser Stationstempel "Rast", wie die Blöcke des 3. Registers der Südwand der Roten Kapelle zeigen.
Von einem Stationstempel fanden sich Reste im Luxor-Tempel, verbaut von Ramses II. im Triple Shrine. Vermutlich handelt es sich um Steinblöcke und Säulen aus dem 6. Stationstempel, der wahrscheinlich nicht weit vom jetzigen Eingang des Luxor-Tempels gestanden hat.
Die Reste eines weiteren Stationstempels liegen an der Bodenoberfläche gegenüber dem Tempel des Kamutef (sie folgende Bilder). Die Überreste der anderen vier Stationstempel sind möglicherweise zusammen mit den Resten der Sphingenallee unter der heutigen Stadt Luxor begraben.
Die aktuellen Ausgrabungen der Sphingenallee im Rahmen des Stadtentwicklungsprogrammes für Luxor haben bisher jedoch keine weiteren Überreste der Stationstempel ans Licht gebracht.

Lage und Grundriss des Stationstempels (links) beim Tempel des Kamutef (rechts)

Überreste des Stationstempels beim Tempel des Kamutef, Blick durch die Tempelachse von Osten nach Westen.

Die Baureste gegenüber dem Tempel des Kamutef gehören vermutlich zum 1. Stationstempel der Opet-Prozession, der in der Roten Kapelle nach Otto (1952) mit dem Namen "Amun von der Treppe vor dem pr hn" bezeichnet wurde (siehe Foto unten).

Am 1. Stationstempel empfängt Thutmosis III. opfernd die Barke des Amun, die anschließend (siehe oben) im Stationstempel abgestellt wird; auf der linken Seite der Barkenstation opfert Hatschepsut der Barke des Amun.

Der Stationstempel war, wie der gegenüber liegende Tempel des Kamutef, kein einheitliches Gebäude, denn es ließen sich mehrere Bauphasen nachweisen. Ricke vermutet, dass beide Tempel formal und thematisch zusammen gehörten und daher die Umbauten in beiden Tempeln auch in den gleichen Epochen erfolgten. In seiner letzten Ausbauform bestand der Stationstempel auf seiner östlichen Hälfte aus einem Barkenraum mit Pfeilerumgang und auf seiner westlichen Seite aus einem Barkenraum mit einem geschlossenen Umgang.

Wie der Tempel des Kamutef stand der ganze Stationstempel auf einem Fundament aus Sandsteinblöcken. Das Fundament bestand im Hauptteil aus zwei Lagen von Steinblöcken, die etwas 1,15 m dick waren. Die Ecken wurden jedoch durch zwei weitere Lagen verstärkt, so dass hier 4 Lagen mit einer Gesamtdicke von 2,5 m übereinander lagen. Die Fundamentplatte ragte, wie sekundär erzeugte Vertiefungen an den geglätteten Kanten der Platte zeigen, sockelartig etwa 35 cm aus dem Gelände heraus. Auf der Ostseite führte in der Tempelachse eine Rampe auf den Sockel. Diese Rampe ist später abgerissen und in den Tempel hinein verlegt worden, als diese in späterer Zeit einen Pylon samt Umfassungsmauer erhielt. In späterer Zeit sind zahlreiche Blöcke aus dem Fundament entfernt worden, andere sind verwittert oder im weichen Boden abgesunken. Derartige Schäden müssen schon während der Nutzungszeit entstanden sein, denn es ließen sich Reparaturen am Fundament nachweisen (z.B. Einbau eines umgearbeiteten Pfeilerkapitells unter Ramses III.)
Zu den ursprünglichen Teilen des Tempel gehörte neben der Fundamentplatte und der östlichen Rampe noch der östliche Barkenraum mit Pfeilerumgang (siehe Grundriss unten). Von den Mauern dieses Barkenraumes steht noch die unterste Lage aus Sandsteinblöcken. Diese Blöcke reichten jeweils durch die ganze Mauer, sie waren sehr sorgfältig bearbeitet und aneinandergesetzt worden. Ost- und Westseite des Barkenraumes waren zu ca. 3,5 m breiten Durchgängen geöffnet. Von den meisten Pfeilern des Umganges sind noch größere Teile der unteren Blöcke erhalten geblieben, ebenso von den Schranken zwischen den Pfeilern. Lediglich an der Südost-Ecke sind die Pfeiler und Schranken durch Verwitterung völlig verschwunden, aber Reste der Vorzeichnungen auf der Pflasterschicht ergänzten die Rekonstruktion.

Oben der Grundriss des Stationstempels nach Ricke (1954), unten die Überreste des östlichen Teils des Stationstempels (rechte Teil des Tempels im obigen Grundriss) mit dem deutlich erkennbaren Pfeilerumgang (vorn) und dem Eingangstor auf der linken Seite.



Aus den Resten lässt sich die ursprüngliche Form der Stationstempels rekonstruieren. Der östliche Barkenraum war als eigenständiger Bau errichtet worden. An allen vier Ecken hatte er Rundstäbe, die oben an den Wänden umliefen. Darüber befand sich sicherlich eine Hohlkehle. Die Durchgänge hatten flache Türverkleidungen.
Nach den Pflasterresten war nur der östliche Durchgang mit einem zweiflügeligen Tor ausgestattet. Ricke fand eines der oberen Zapfenlager (Zeichnung unten), das aus dunkelgrauem Granit bestand und offensichtlich bei einem Brand zerborsten war. Das Lager zeigt den Thronnamen der Hatschepsut. Weder der Name der Hatschepsut noch der Name des Amun sind beschädigt. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass dieser Block sehr versteckt verbaut und daher übersehen wurde.

Zeichnung eines zerstörten Zapfenlagers aus dunkelgrauem Granit mit dem Thronnamen der Hatschepsut (Ricke, 1954). Hatschepsut wird hier bezeichnet als "nfr nTr nb t3wj nb ir.t ix-t". Wo sich dieser Block heute befindet, war nicht zu ermitteln.

Auch der Pfeilerumgang hatte an den beiden östlichen Ecken Rundstäbe. Herumliegende Bruchstücke belegen außerdem, dass er mit einer Hohlkehle abschloss. Die Schranken zwischen den Pfeilern waren, wie Reste ebenfalls zeigen, oben abgerundet. Auf den Architraven der Umganges und den Wänden der östlichen Kapelle lag die Decke auf.


Vor Ort findet man nur noch wenige Blockreste mit Dekor. Der obige Eckblock aus dem Eingang des östlichen Tempelteils zeigt eine Reihe von nwb-Zeichen. Der Rest einer Hohlkehle (unten) zeigt die Kartuschen von Ramses III.




Die Westhälfte des Stationstempels wurde später gründlich umgebaut, daher lässt sich nicht mehr erkennen, wie die ursprüngliche Ausführung war. Das Fundament lässt erkennen, dass der Westteil die gleiche Breite haben sollte wie der Ostteil. Aufgrund zahlreicher Befunde (Vorzeichnungen auf der Oberfläche des Fundaments in einigen Bereichen, Kratzspuren an der Sockelaußenseite, Reste einer Statuengruppe, die einen ithyphallischen Gott zwischen zwei anderen Figuren zeigte) vermutete Ricke, dass der Westteil als geschlossener Baukörper errichtet worden war. Er schlug eine Raumanordnung wie im kleinen Tempel des Amun in Medinet Habu vor, schloss aber eine andere Bauausführung ausdrücklich nicht aus. Nach den Spuren auf der Oberseite des Fundaments steht nur fest, dass von Ost nach West verlaufende innere Mauern dort gestanden haben müssen, wo nach dem späteren Umbau die inneren Mauern des westlichen Barkenschreins gestanden haben.
Aufgrund der Befunde lässt sich der Tempel eindeutig in den Beginn der 18. Dynastie datieren. Unter dem östlichen Eingang und unter den beiden Eckpfeilern des Umganges wurden Depots gefunden, die Gründungsbeigaben (Scheinvase mit Deckeln, Modelle von Mahlsteinen, Fayence-Plättchen in verschiedenen Farben) mit dem Thronnamen des Thutmosis III. enthielten. Auf der Scheinvase stand "Der gute Gott, Men-kheper-Ra, geliebt [von] Amun auf seiner Treppe", woraus auch hervorgeht, dass dieser Stationstempel dem (ithyphallischen) Amun gewidmet worden war.
Die Tatsache, dass auf dem zeitlich später verbauten Zapfenlager (siehe oben) Hatschepsut als "Guter Gott [nfr nTr], ..." bezeichnet wurde, lässt wohl nur die nahe liegende Schlussfolgerung zu, dass der Bau während der Herrschaft des Thutmosis III. von der Regentin Hatschepsut begonnen, aber nach der Thronbesteigung der Hatschepsut beendet wurde.

Umbauten und Erweiterungen
Die Frage, ob die Räume des Westteils wirklich ausgeführt worden waren, ob eine Änderung des Bauplans während der Ausführung oder schließlich ein Umbau dem Tempel die letzte Form gegeben hat, ließ sich nicht mehr klären. Ricke favorisierte einen Umbau, da die Bauteile der Osthälfte, an die der Westteil angebaut worden war, sorgfältig geglättet worden waren.
Vom westlichen Barkenraum und seinem geschlossenen Umgang ist nur noch die unterste Lage des aufstrebenden Mauerwerks erhalten. Die Blöcke sind hier mit Schwalbenschwänzen verbunden, wahrscheinlich, weil sich das Fundaments auf dieser Seite des Tempels abgesenkt hatte. Aus dem gleichen Grunde sind wahrscheinlich auch einige Blöcke des Fundaments mit Schwalbenschwänzen verklammert worden, allerdings vermutlich nachträglich, denn auf der Ostseite des Tempels fehlen diese Klammern völlig.

Oben die Überreste des westlichen Sanktuars und der umlaufenden, geschlossenen Gallerie.

Der westliche Barkenraum (3.90 x 7.75 m) ist nur wenig kleiner als der östliche und gleicht diesem so sehr, dass Ricke eine Wiederholung des östlichen Barkenraumes vermutete. Die westliche Seite konnte, wie die Reste der unteren Zapfenlager belegten, durch eine zweiflügelige Tür geschlossen werden. Auf der Ostseite ließen sich dagegen keine Spuren finden, die auf Türen hinwiesen.
Die Außenmauern des geschlossenen Umgangs waren recht dünn, Ricke rekonstruierte aber nach weiteren Baubefunden einen geschlossenen Umgang mit hohen Mauern. Warum die Mauern des Umganges allerdings nicht in der Fluchtlinie der Pfeilerreihen des östlichen Umganges, sondern nach innen eingerückt wurden (siehe Grundriss unten), ließsich nicht mehr erklären.
Nördlich und südlich des breiten Durchganges auf der Westseite schlossen sich weitere Mauern an, so dass hier ein ummauerter Raum oder Hof angenommen werden kann. In diesem Raum oder Hof führte eine breite Rampe, deren Brüstungen an die Mauern des Umganges anstießen, zur Tempelplattform hoch.
Im westlichen Bereich des Tempels wurde ein Rest eines Frieses der Hatschepsut gefunden, das ihren Thronamen und davor ein Ankh-Zeichen und einen Shen-Ring zeigt. Ankh-Zeichen und Shen-Ring gehören vermutlich zu dem wohlbekannten Hatschepsut-Kryptogramm (s. dazu auch: Djeser djeseru - Hathorkapelle, Taltempel, Weitere Bauten).
Aufgrund dieses Fundes hat Ricke den westlichen Teil des Stationstempels ebenfalls der Hatschepsut zugewiesen. Das kleine Bruchstück könnte zwar auch aus dem östlichen Teil des Tempels stammen, aber Ricke sah seine Zuweisung durch einen weiteren Fund bestätigt.
Im geschlossenen Umgang des westlichen Barkenraumes fand er in der Südwest-Ecke einen größeren Sandsteinblock, der seiner Ansicht nach sicher an dieser Ecke verbaut worden war. Darauf wiesen u. a. die Art des verwendeten Steines (Sandstein) und mehrere Vertiefungen für Schwalbenschwänze hin, die sonst nur im Westteil des Tempels auftreten.
Die südliche Seite des Blocks zeigt die Reste einer Königsfigur, die sich nach rechts einem Gott zuwendet. Erhalten ist der über dem Kopf des König schwebende Falke samt Teile der Beischrift. Unter der abwärts gerichteten Spitze des Flügels sind noch Reste einer sorgfältig abgeschliffenen Inschrift zu erkennen. Links hinter dem König und dem Falken sind zwei Kolumnen mit Text zu sehen, von denen die zweite Zeile umgearbeitet worden ist. Ricke vermutete aufgrund der Art und Weise der vorgenommenen Änderungen, dass der dargestellte König Hatschepsut gewesen war, deren Figur von Thutmosis III. abgeschliffen wurde.

Grundriss des Stationstempels nach späteren Umbauten (Ricke, 1954); gestrichelt sind der vermutete Verlauf von Pylon und Umfassungsmauer eingezeichnet.

Tor und Umfassungsmauer
In seiner letzten Form hat der Stationstempel wahrscheinlich eine Umfassungsmauer mit mindestens einem Tor auf der Ostseite gehabt (siehe Plan oben). Die Reste eines etwa 2.20 m breiten Tores fand Ricke genau auf der Tempelachse liegend vor dem östlichen Barkenraum. Da Ricke keine Hinweise auf einen Türsturz fand, vermutete er, dass dieses Tor in einem kleinen Pylon eingebaut gewesen war. Diese Pylon maß an der Basis ca. 2.35 m, seine Breite konnte jedoch ebenso wenig ermittelt werden, wie Lage und Ausdehnung der Umfassungsmauer. Südlich des Pfeilerumganges fanden sich Reste eines Fundaments, die möglicherweise zu einer Tür in der Umfassungsmauer gehörten, aber die könnten auch von einem späteren Umbau stammen.

Blick auf den zwischen Sphingenallee (links) und Eingang des Stationstempels (rechts) eingezwängten Pylon. Am südlichen Ende der Pylonbasis hat die Verwaltung von Luxor einen Strommast aufgesetzt.

Der Pylon ist zwischen der Sphingen-Allee und dem Stationstempel eingezwängt worden. Um den notwendigen Platz zu schaffen, wurde die östliche Rampe abgebaut und in den Tempel hineinverlegt. Da die Rampe den Höhenunterschied nicht ausgleichen konnte, wurde der östliche Teil des Umganges tiefer gelegt (siehe folgende Abbildungen). Gleichzeitig wurden Ausgleichsstufen in den umlaufenden Gang und eine Ausgleichsrampe vom östlichen Teil des Umganges in den Barkenraum hinein verlegt. Südlich von der Tempelachse zeigt ein Block der Rampe ein flüchtig eingeritztes Rechteck mit "Neun Bögen" - offensichtlich die Stelle markierend, an der der König beim Ritualvollzug stand.

Oben zwei schräg liegende Blöcke der in den Barkenschrein hineinverlegten Rampe, unten die im linken Pfeilerumgang zum Höhenausgleich eingefügte Stufe.

Aus bauhistorischen Gründen datierte Ricke die Errichtung von Pylon und Tor zwischen "frühestens unter Amenhotep III." und vor der spätramessidischen Epoche.
 

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)